Mehr als eine Kita: Der Kulturkindergarten ist Anlaufstelle für das gesamte Viertel
„Kunterbunte Farbenkinder – das sind wir“ – so heißt es in der hauseigenen Hymne des Kulturkindergartens in Wuppertal. Rund 100 Kinder ab 4 Monaten unterschiedlichster Nationalitäten besuchen die Kita an der Nordbahntrasse. Lernen Sie in diesem Beitrag das Familienzentrum Kulturkindergarten Wuppertal gGmbH näher kennen. Über das Konzept der Einrichtung als „Haus für alle Menschen“ haben wir mit der Einrichtungsleitung Astrid Ippig gesprochen.
Was ist das Besondere an Ihrem Kulturkindergarten, und wodurch unterscheidet er sich von den „normalen“ Kitas in Wuppertal?
Der KulturKinderGarten ist ein Haus, in dem Kinder und Familien mit den verschiedensten Kulturen, Lebensbiografien sowie sozialen und persönlichen Hintergründen zusammenkommen. Diese Vielfalt findet sich auch im pädagogischen Team wieder. Von Beginn an gab es ein breitgefächertes kulturelles und künstlerisches Angebot für die Kinder, wie zum Beispiel Musik, Malerei, Theater oder Tanz. Die Künstlerinnen und Künstler arbeiten gemeinsam mit den pädagogischen Fachkräften Hand in Hand.
Im Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit steht der bindungsorientierte Ansatz. Diesem wird besonders durch einen erhöhten Personalschlüssel Rechnung getragen, der eine intensivere und individuellere Begleitung der rund 100 Kinder in der Einrichtung möglich macht. Das offene Konzept bietet allen großen und kleinen Menschen unserer fünf Gruppen einen gemeinsamen Alltag und somit ein miteinander und voneinander lernen.
Von Beginn an hat sich der KulturKinderGarten als Teil seines Viertels verstanden und beteiligt sich aktiv am Geschehen und der Entwicklung seines Stadtteils.
Warum ist es Ihnen wichtig, im engen Kontakt mit den Eltern zu stehen?
Eltern sind das Wichtigste für Kinder und durch nichts zu ersetzen. Eine gute Bindung der Erzieherinnen und Erziehern zu den Kindern ist erst mit einer guten Bindung zu den Eltern möglich. Unsere diverse Elternschaft bringt zudem unterschiedliche Erziehungsansätze, -kompetenzen und -modelle mit, die unsere bestehenden Ideen von Erziehung und Familie in vielfältiger Qualität bereichern. Ein respektvoller Umgang mit den Eltern und ihren elterlichen Fähigkeiten ist unsere Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, von der vor allem die Kinder profitieren.
Welche Beratungs- und Unterstützungsangebote machen Sie den Familien, aber auch den anderen Menschen in ihrem Viertel? Mit welchen Anliegen kommen diese zu Ihnen?
Der KulturKinderGarten hat zwei Träger: die Alte Feuerwache Wuppertal gGmbH und die proviel GmbH. Die Alte Feuerwache hat eine Präventionskette mit Hebammen, Familienkinderkrankenschwestern, dem „gesunden Kinderhaus“ und verschiedenen Gruppen entwickelt, in der Familien und ihre Kinder von vorgeburtlich bis ins junge Erwachsenenalter lückenlos begleitet und unterstützt werden. Der KulturKinderGarten ist ein aktiver Teil davon und macht Eltern viele Angebote:
Familienzentren können nicht alle Probleme lösen: Wie helfen Sie Familien weiter, wenn Sie selbst kein passendes Angebot machen können? Wie organisieren Sie eine gelingende Zusammenarbeit?
Durch die Präventionskette unseres Trägers sind sehr viele Angebote abgedeckt. Für unsere Eltern haben wir ein Lotsensystem in der Piazza der Kita installiert, dass die Eltern unabhängig vom Kindergartenteam nutzen können. Aber wir sind immer gerne Ansprechpersonen und vermitteln Eltern an andere Institutionen und Stellen in der Stadt weiter. Durch Netzwerkarbeit und Arbeitsgemeinschaften schafft der Kindergarten Kooperationen und steht mit den anderen Stellen im Austausch.
Wie ermitteln Sie die jeweiligen Bedarfe der Familien im Stadtteil?
Information gibt es durch die Stadt Wuppertal. Auch ist der KulturKinderGarten in mehreren Arbeitskreisen vertreten, die sich mit den Bedarfen und den Entwicklungen im Stadtteil beschäftigen. Bei Fragen, die die Elternschaft des Kulturkindergartens direkt betreffen, führt der Kindergarten Abfragen durch.
Wo sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen für Familien?
Corona hat sicher große Löcher gerissen, insbesondere bei Familien, die es im Alltag schwerer haben als andere. Das Programm „Aufholen nach Corona“ des Bundesfamilienministeriums ist daher ein sehr guter Einstieg, sollte aber noch genauer definiert und lange Zeit weitergeführt werden.
Auch der Kita-Platz-Mangel sowie der Fachkräfte-Mangel in Kitas und Schulen ist ein großes Problem. Kitas haben seit Corona viel zu unregelmäßige Betreuungszeiten und Eltern trauen sich kaum noch pädagogische Qualität einzufordern.
Eltern wurden und werden mit ihren Sorgen und Herausforderungen zu sehr allein gelassen. In der aktuellen Situation gibt es auch bei Familien, die als „gut aufgestellt“ gelten, kaum noch Kapazität für „Extras“. Überforderung der Eltern geht aber immer direkt zu Lasten der Kinder. Wir müssen verstehen, dass ein Investment in die Jüngsten immer ein Investment in die Zukunft ist und meist auch günstiger als eine spätere Unterstützung im Leben.
Was ist das nächste Ziel, das Sie mit dem Kulturkindergarten erreichen möchten?
Wir möchten weiterhin mit unserer Arbeit und Einrichtung Ideengeber für andere Einrichtungen sein und mit möglichst vielen über das „möglich machen“ sprechen. Unsere Angebote wollen wir weiter ausbauen und noch passgenauer gestalten.
Die Themen Kinderarmut und Chancengleichheit treiben uns sehr um, und wir versuchen mit unseren Mitteln möglichst viel davon in unserem direkten Umfeld abzufedern. Ansonsten wollen wir uns gesellschaftlich und politisch weiter dafür einsetzen, dass mehr auf Familien und Kinder geschaut wird und uns als Anwalt der Kinder für deren Belange, Rechte und Ideen stark machen.