Missbrauch im Kindesalter
Hilfen und leicht erreichbare Beratungsangebote für Eltern
Zuhause, in der Kita, im Sport- oder Musikverein: Diese Orte sollten besonders geschützte Räume für junge Kinder sein, auf die sich Eltern verlassen können müssen. Aber eine hundertprozentige Sicherheit gibt es leider nicht. Trotz aller vorbeugenden Maßnahmen sind die Jüngsten gefährdete Opfer für Täterinnen und Täter, die die besondere Bedürftigkeit und ein schnell gewonnenes Vertrauen von Kindern ausnutzen. Wie Sie reagieren können, wenn Sie vermuten, dass Ihr Kind von sexualisierter Gewalt betroffen ist, und wo Sie Hilfe bekommen können, lesen Sie hier.
Was ist sexualisierte Gewalt?
Wenn kleine Kinder Grenzverletzungen, Übergriffe oder Missbrauch erfahren, dann passiert dies meist in ihrem unmittelbaren Umfeld. Als sexualisierte Gewalt bezeichnet man sexuelle Handlungen, die an oder vor einem Kind vorgenommen werden. Ganz gleich, ob sie gegen den Willen des Kindes passieren oder das Kind aufgrund seiner Abhängigkeit nicht wissentlich zustimmt. Zentral ist dabei, dass eine Person die Unterlegenheit einer anderen Person ausnutzt, um die eigenen sexuellen Bedürfnisse und Machtbedürfnisse zu befriedigen. Die Bandbreite sexualisierter Gewalt ist groß und die Grenzen sind oft fließend.
Sexuelle Grenzverletzungen
Grenzverletzungen beschreiben ein einmaliges oder maximal gelegentliches unangemessenes Verhalten, das manchmal auch unbeabsichtigt geschieht.
Beispiele:
- Missachtung persönlicher Grenzen, z.B. tröstende Umarmung, obgleich dies dem Gegenüber unangenehm ist
- Missachtung von Persönlichkeitsrechten, z.B. Verletzung des Rechts auf das eigene Bild durch Veröffentlichung von Fotos im Handy oder im Internet
- Missachtung der Intimsphäre, z.B. verpflichtendes Umziehen in der Sammelumkleide, obwohl sich ein Mädchen oder ein Junge nur in der Einzelkabine umziehen möchte
- Umarmungen oder Küsse, die das Kind nicht will
Sexuelle Übergriffe
Sexuelle Übergriffe gehen einen Schritt weiter. Sie passieren nie unbeabsichtigt oder aus Versehen, sondern stellen eine willentliche und eindeutige Überschreitung gesellschaftlicher Normen, institutioneller Regeln und fachlicher Standards dar. Persönliche Grenzen, verbale, nonverbale und körperliche Widerstände werden ignoriert. Sie treten darüber hinaus in einer anderen Massivität und Häufigkeit auf.
Zum Beispiel:
- Der Täter oder die Täterin verlangt Zärtlichkeiten von Kindern.
- Eine erwachsene Person berührt absichtlich den Po oder die Genitalien eines Kindes.
Strafrechtlich relevante Formen sexualisierter Gewalt
Strafbare Handlungen sind zum Beispiel:
- Ein Erwachsener fordert ein Kind zu sexuellen Handlungen an sich selbst auf.
- Ein Erwachsener fordert ein Kind zu sexuellen Handlungen an anderen Personen auf.
- Ein Kind wird vergewaltigt.
- Ein Heranwachsender verbreitet intime Bilder und Videos von einem Kind über das Netz an Dritte.
Was können Mütter und Väter vorwiegend tun?
Vorweg: Eltern können ihre Kinder nicht vor allen Gefahren bewahren. Aber Sie können mit einer liebevollen Eltern-Kind-Beziehung und Ihrer Erziehungshaltung viel dafür tun, dass Ihr Kind stark und selbstbewusst aufwächst. Denn: Starke Kinder sind besser geschützt! Dies raten Expertinnen und Experten Müttern und Vätern, um ihr Kind präventiv zu schützen:
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Stärkung
Stärken Sie ihr Kind von klein an in seinem Selbstbewusstsein und seiner Persönlichkeit.
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Respekt
Gehen Sie in der Familie respektvoll miteinander um. Eltern sind immer auch Vorbilder. An der Mutter und am Vater lernt Ihr Kind, ob es seine Meinung sagen und selbst über seinen Körper entscheiden darf.
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Recht
Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es ein Recht auf körperliche, seelische und sexuelle Unversehrtheit hat.
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Ungewollte Handlungen
Sagen Sie Ihrem Kind, dass es niemanden küssen muss, den es nicht küssen möchte, und auch bei niemandem auf dem Schoß sitzen muss, wenn es ihm unangenehm ist. Stehen Sie Ihrem Kind bei, wenn Sie beobachten, dass ein Erwachsener einen Kuss einfordert, indem Sie dieser Person erklären, dass Ihr Kind selbst entscheiden darf, wann es wen küssen möchte.
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Aufklärung
Klären Sie Ihre Tochter und Ihren Sohn altersgerecht auf.
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Eigene Meinung
Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es eine eigene Meinung haben und diese auch vertreten darf. Sagen Sie ihm, dass es „NEIN!“ sagen darf.
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Schwäche offenbaren
Vermitteln Sie Ihrem Sohn, dass auch er als Junge nicht immer stark sein muss, sondern sich in schwierigen Situationen hilfesuchend an vertraute Personen wenden kann.
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Aufmerksame Beobachtung
Schauen Sie aufmerksam auf Ihr Kind, hören Sie zu und fragen Sie nach, wenn Sie spüren, dass etwas nicht in Ordnung ist oder ihr Kind sich anders verhält als normal.
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Soziales Umfeld
Zeigen Sie Interesse daran, mit welchen Menschen Ihr Kind Kontakt hat und wie sich das Sozial- und Beziehungsverhalten zu diesen Personen entwickelt.
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Auffälliges Verhalten
Werden Sie aufmerksam, wenn Ihr Kind die Babysitterin nicht mag, plötzlich nicht mehr in die Kita will oder den Besuch beim Onkel verweigert. Fragen Sie nach, was Ihr Kind stört.
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Fürsorge
Pflegen Sie eine verlässliche und feinfühlige Beziehung zu Ihrem Kind, die es Ihnen ermöglicht, eventuelle Zeichen einer seelischen Belastung frühzeitig zu erkennen.
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Offenes Ohr
Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es mit all seinen Sorgen jederzeit zu Ihnen kommen kann.
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Schutz der Persönlichkeit
Respektieren Sie das Persönlichkeitsrecht Ihres Kindes am eigenen Bild und veröffentlichen Sie keine Fotos über soziale Medien.
Was können Sie tun, wenn Sie die Vermutung haben, Ihr Kind könnte betroffen sein?
Der wichtigste Rat: Bleiben Sie ruhig und besonnen! Schenken Sie Ihrem Kind Glauben und stellen Sie die Aussagen nicht infrage. Spenden Sie Trost und loben Sie Ihr Kind dafür, dass es sich Ihnen anvertraut hat. Die Aufdeckung, dass Ihrem eigenen Kind etwas Derartiges angetan wurde, ist für Sie sicherlich extrem verstörend. Es ist völlig verständlich, dass Sie von massiven Gefühlen überschüttet werden. Nach dem ersten Schock folgen Wut, Angst, Trauer und nicht selten emotionale Belastungsstörungen. Suchen Sie möglichst schnell Hilfe, z.B. in einer speziellen Beratungsstelle. Dort treffen Sie auf erfahrene Beraterinnen und Berater, die genau wissen, was jetzt zu tun ist, und einfühlsam mit Ihnen gemeinsam einen Plan für die weiteren Schritte erstellen.
Interview mit Christa Kortenbrede über das Thema Schutz vor sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen
Wir haben mit Christa Kortenbrede über Warnsignale und den Ablauf eines Erstgespräches in der Beratungsstelle gesprochen.
Wo finden Sie Hilfe und Beratung?
Unterstützung erhalten Sie in Fachberatungsstellen mit dem Schwerpunkt „ Sexualisierte Gewalt “. Die Beratung ist kostenlos und auf Wunsch anonym. Auch Frauenberatungsstellen und Erziehungsberatungsstellen haben oft eine Expertin oder einen Experten zu diesem Thema. Eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden Sie unter www.hilfeportal-missbrauch.de.
Auch viele Kitas haben Schutzkonzepte entwickelt. Eltern, die sich Sorgen machen, ob oder weil ihr Kind von sexualisierter Gewalt bedroht ist, können sich in der Kita Rat und Unterstützung holen.
Kostenfreien und anonymen telefonischen Rat erhalten Sie hier:
- Hilfetelefon und Onlineberatung zum Thema sexueller Missbrauch: https://nina-info.de.
- Nummer gegen Kummer für Eltern: 0800-1110550
- Weißer Ring Opfer-Telefon: 116 006