Gewalt gegen Kinder

Beratungsangebote und Anlaufstellen für Eltern

Text zuletzt aktualisiert: 18.07.2024

Jedes Kind hat ein Recht darauf, vor Gewalt geschützt zu werden.

Das Recht des Kindes auf Achtung, Schutz und Förderung sowie auf ein gewaltfreies Aufwachsen findet noch keine flächendeckende Berücksichtigung. Gewalt gegen Kinder hat viele Facetten und geschieht an vielen Orten. Zum Beispiel zu Hause, in der Schule, im Verein oder auf dem Spielplatz. Neben der körperlichen erkennbaren Gewalt gibt es viele Formen der unsichtbaren Gewalt, wie zum Beispiel psychische Misshandlung und Vernachlässigung. In der Folge der Gewalt macht es keinen Unterschied, ob es sich um emotionale- oder körperliche Gewalt handelt. Die Folgen jeglicher Gewalt sind verheerend und können das ganze Leben prägen. Schauen Sie nicht weg. Lesen Sie, was Sie gegen Gewalt in der Erziehung tun können und wo es Hilfe gibt, wenn ein Kind betroffen ist. 

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Hinschauen statt wegschauen

Gewalt an Kindern ist für die meisten Menschen ein schwieriges Thema. Oft sind Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung nicht einfach zu erkennen. Auch sind die seelischen und emotionalen Formen der Gewalt oft schwieriger zu erkennen. Es passiert oft dort, wo wir es am wenigsten vermuten: Zuhause, im Sportverein, in der Schule oder im eigenen Umfeld. Am häufigsten findet Gewalt an Kindern in der Familie statt – in einer Umgebung, in der Kinder eigentlich Schutz und Sicherheit erfahren sollten. 

Ergreifen Sie die Initiative, wenn Sie den Verdacht haben, dass etwas nicht stimmt oder die Situation wiederholt eskaliert. Und nehmen Sie Hilfe in Anspruch, wenn Ihr Kind oder ein anderes Kind in Ihrem Umfeld betroffen ist. In den Beratungsstellen des Landes erhalten Sie unbürokratische und kostenlose Unterstützung.  

Die Formen von Gewalt an Kindern sind vielfältig

Gewalt an Kindern kann ganz unterschiedlich aussehen. Das Bewusstsein für körperliche und sexuelle Gewalt an Kindern ist in der Regel ausgeprägter als das für psychische Gewalt oder Kindesvernachlässigungen. Diese Formen der Gewalt sind schwierig zu erkennen. Dabei sind sie nicht weniger schlimm und haben ebenso ernsthafte Folgen für das weitere Leben eines Kindes. Betroffene Kinder äußern sich oft nicht, weil sie sich selbst die Schuld geben, sich schämen oder Angst vor den Tatpersonen haben. Gerade bei jungen Kindern ist Gewalt daher nicht leicht festzustellen. Auffällige Verhaltensweisen können Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung sein. Auch lassen sich die unterschiedlichen Formen von Gewalt nicht grundsätzlich voneinander trennen. So hat körperliche Gewalt auch immer Aspekte von psychischer Gewalt. 

  • Körperliche Gewalt
    Körperliche Gewalt an Kindern ist eine Form der Kindesmisshandlung, die sich auf die absichtliche Verwendung von physischer Gewalt gegenüber einem Kind bezieht. Diese Form von Gewalt kann unterschiedliche Formen annehmen, wie zum Beispiel Schläge, Tritte, Schütteln, Beißen oder Verbrennungen. Körperliche Gewalt gegenüber Kindern hat schwerwiegende und langfristige Auswirkungen auf das körperliche und psychische Wohlbefinden und die Entwicklung des Kindes. Es kann zu Verletzungen, körperlichen Schmerz und sogar zum Tod führen. Darüber hinaus kann körperliche Gewalt auch dazu führen, dass Kinder Angstzustände, Depressionen und Verhaltensstörungen entwickeln. Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, ein Kind körperlich missbraucht oder Anzeichen körperlichen Missbrauch bei einem Kind bemerken, ist es wichtig, sofort Hilfe zu suchen.
  • Seelische Misshandlung/Psychische Gewalt
    Seelische Misshandlung oder emotionaler Missbrauch ist eine Form von Kindesmisshandlung, bei der ein Kind wiederkehrend emotional oder mit Worten angegriffen, bedroht, manipuliert oder kontrolliert wird. Es kann sich auf verschiedene Arten zeigen, wie zum Beispiel durch ständige Kritik, Erniedrigung, Einschüchterung, Zurückweisung oder Vernachlässigung. Seelische Misshandlung kann schwerwiegende und langfristige Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden eines Kindes haben. Es kann dazu führen, dass Kinder sich minderwertig und wertlos fühlen, unter Depressionen, Angstzuständen und anderen psychischen Störungen leiden oder Schwierigkeiten haben, gesunde Beziehungen aufzubauen.
  • Kindesvernachlässigung/Emotionale Vernachlässigung
    Emotionale Vernachlässigung ist eine Form von Kindesmisshandlung, bei der ein Kind nicht die erforderliche emotionale Unterstützung, Fürsorge und Aufmerksamkeit von seinen Erziehungspersonen erhält. Es bezieht sich auf eine Situation, in der ein Kind sich allein gelassen, unerwünscht oder ungeliebt fühlt und keine Verbindung zu seinen Bezugspersonen aufbauen kann. Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen, wie zum Beispiel durch das Ignorieren oder Zurückweisen von Kindern, durch mangelnde Kommunikation oder das Miteinander oder durch fehlende körperliche Berührung und Umarmungen. Emotionale Vernachlässigung kann zu schwerwiegenden langfristigen Auswirkungen auf die körperliche, geistige und emotionale Gesundheit des Kindes führen. Kinder, die emotional vernachlässigt werden, können Schwierigkeiten haben, gesunde Beziehungen aufzubauen, Vertrauen und ein positives Selbstwertgefühl zu entwickeln. Sie können auch ein höheres Risiko für Depressionen, Angstzustände und andere psychische Störungen haben. 
  • Sexualisierte Gewalt/Sexueller Missbrauch
    Von sexualisierter Gewalt an Kindern wird gesprochen, wenn eine erwachsene Person sexuelle Handlungen an oder vor einem Kind vornimmt. Sie können mit anzüglichen Bemerkungen und “Grabschen” beginnen und bis hin zur Ausübung massiver körperlicher Gewalt gehen. Das Kind wird entweder gezwungen oder ist zu jung, um die eigenen Grenzen aufzuzeigen. Oftmals wird zusätzlich Druck durch Drohungen, Erpressung oder Gewalt ausgeübt. Sexueller Missbrauch ist immer ein Machtmissbrauch. Der Erwachsene benutzt das Kind für die eigenen sexuellen Bedürfnisse. Er allein trägt die Verantwortung für sein Handeln.

Woran lässt sich Gewalt an Kindern erkennen?

Gewalt an Kindern kann sich auf verschiedene Arten zeigen, von körperlicher Gewalt bis hin zu emotionaler oder sexueller Gewalt. Hier sind einige mögliche Anzeichen von Gewalt an Kindern: 

  • Körperliche Verletzungen: Kinder, die körperlich missbraucht werden, können sichtbare Verletzungen aufweisen, wie zum Beispiel Prellungen, Schnitte, Verbrennungen oder Knochenbrüche. 
  • Verhaltensänderungen: Kinder, die Opfer von Gewalt sind, können Verhaltensänderungen zeigen, wie zum Beispiel Aggressionen, Rückzug, Ängstlichkeit oder Depressionen. 
  • Vermeidung bestimmter Personen oder Orte: Kinder, die Opfer von Gewalt sind, können versuchen, bestimmten Personen oder Orten aus dem Weg zu gehen, die mit der Gewalt in Verbindung stehen. 
  • Sexualisiertes Verhalten: Kinder, die sexuell missbraucht werden, können Verhaltensänderungen zeigen, wie zum Beispiel aggressives Verhalten oder ein unangenehmes Interesse an Sexualität. 
  • Vernachlässigung: Vernachlässigung ist eine Form von Gewalt gegen Kinder, bei der die Bedürfnisse eines Kindes nicht angemessen erfüllt werden. Anzeichen von Vernachlässigung können unzureichende Ernährung, mangelnde Hygiene, schlechte Gesundheit oder schlechte Schulleistungen sein. 

Bitte beachten Sie: Alle hier beschriebenen Anzeichen und Verhaltensauffälligkeiten von körperlicher und psychischer Gewalt können auch andere Ursachen haben. Umso wichtiger ist es, das Kind anzusprechen, wenn Sie einen Verdacht haben. Nur so hat es eine Chance, Vertrauen aufzubauen um sich zu öffnen und Hilfe zu bekommen.

Gesundheitliche Folgen von Gewalt an Kindern

Gewalt an Kindern hat schwerwiegende gesundheitliche Folgen, sowohl kurzfristig als auch langfristig. Kinder, die Opfer von Gewalt werden, leiden oft unter körperlichen und psychischen Schmerzen, die ihre körperliche und geistige Gesundheit beeinträchtigen können. 

Hier sind einige der gesundheitlichen Folgen von Gewalt an Kindern: 

  • Körperliche Verletzungen: Kinder, die körperliche Gewalt erleben, können körperliche Verletzungen erleiden, wie zum Beispiel Prellungen, Schnitte, Knochenbrüche oder Verbrennungen. Diese Verletzungen können akut und chronisch sein und langfristige Schäden verursachen. 
  • Psychische Gesundheit: Gewalt gegen Kinder kann langfristige Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben, wie zum Beispiel Angstzustände, Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen und Verhaltensstörungen. 
  • Entwicklungsstörungen: Kinder, die Opfer von Gewalt werden, können Entwicklungsstörungen aufweisen, wie zum Beispiel Verzögerungen in der Sprachentwicklung, Lernstörungen etc. 

Sie haben einen Verdacht? So reagieren Sie richtig

Viele Menschen fühlen sich hilflos und überfordert, wenn sie Gewalt gegen Kinder wahrnehmen oder beobachten. Doch jede und jeder ist aufgerufen, sich dagegenzustellen, um Kinder zu schützen. Denn Gewalt gegen Kinder ist keine Privatsache! Wenn Ihr Kind Gewalt ausgesetzt ist oder Sie die Vermutung haben, dass ein anderes Kind möglicherweise Gewalt erfährt, sollten Sie unbedingt handeln, um weiteres Unheil zu verhindern.

Wichtig ist, dass Sie mit Bedacht handeln und nichts überstürzen. Das können Sie tun: 

  • Nehmen Sie die Erzählungen und Andeutungen des Kindes ernst. „Ich glaube dir“ ist ein wichtiger Satz, um Mitgefühl auszudrücken! Ihre Sensibilität ist gefragt, damit das Kind Vertrauen aufbauen kann. Zeigen Sie Verständnis, aber bleiben Sie zurückhaltend und stellen Sie keine bohrenden Fragen.  
  • „Ruhe bewahren“ lautet die wichtigste Botschaft. Wenn das eigene Kind von Gewalt betroffen ist, kann das heftige Gefühle auslösen. Suchen Sie sich schnell professionelle Hilfe, um die nächsten Schritte zu besprechen. Es gibt viele Beratungsangebote mit erfahrenen Fachkräften, die Sie kostenlos in Anspruch nehmen können. Praktische Hilfe finden Sie bei den Beratungsstellen der Jugendämter, der Erziehungsberatung, des Kinderschutzbundes, der Kirchen und natürlich der Polizei. 
  • Wenn die Gewalt zu Hause stattfindet, kann eine räumliche Trennung sinnvoll sein.  
  • Ihr Kind braucht vermutlich Unterstützung, um die Gewalt zu verarbeiten. Wenden Sie sich an eine der unten genannten Anlaufstellen. Von den erfahrenen Fachkräften erhalten Sie konkrete Ratschläge.  
  • Anzeige zu erstatten ist ein wichtiger Schritt. Es kann jedoch sinnvoll sein, Ihr Vorhaben mit den Fachkräften der Beratungsstelle zu planen. Nicht zuletzt, um die Sicherheit des Kindes zu gewährleisten.   
  • Falls auch Sie von Gewalt betroffen sind, gibt es Möglichkeiten, mit dem Kind an einem sicheren Ort unterzukommen. Auch hier helfen die Beratungsstellen der Jugendämter, der Erziehungsberatung, der Frauen- und Männerberatungsstellen, des Kinderschutzbundes, der Kirchen und natürlich die Polizei. 
  • Für Eltern, die sich selbst nicht unter Kontrolle haben, überfordert reagieren oder keine Zeit für ihr Kind finden, ist es wichtig, sich Unterstützung zu suchen. Unter fachlicher Anleitung können Sie Ihre elterlichen Kompetenzen ausbauen und neue Wege mit Ihrem Kind finden. Auch in diesem Fall gilt: Holen Sie sich professionelle Unterstützung von ausgebildeten Fachleuten. 

Wer Sie berät und was Sie erwartet

Grundsätzlich arbeiten in den Beratungsstellen pädagogisch und psychologisch geschulte Fachkräfte verschiedener Fachrichtungen. Die Beratungskräfte kennen sich mit der Thematik aus und können mit Ihnen wichtige nächste Schritte planen. 

Die Beratungen sind kostenlos und vertraulich. Telefonische Beratungen sind auf Wunsch anonym. Sie müssen Ihren Namen nicht nennen.  

Sie können den Beratungskräften Ihren Verdacht, Ihre Befürchtungen oder Ihr Wissen erzählen und diese werden dann genauer nachfragen, damit ein Hilfeplan entstehen kann. 

Alle weiteren Schritte werden Sie gemeinsam besprechen. Mögliche Konsequenzen, wie z.B. das Kind schnell an einen sicheren Ort zu bringen,  Hilfen anzuschieben oder anderes wird zusammen mit Ihnen abgestimmt. Vielleicht ist es erforderlich, die Polizei oder das Jugendamt einzubeziehen. Auch dabei werden Sie von der Beratungsstelle unterstützt. Es geht immer darum, im Sinne der Sicherheit des Kindes zu handeln. 

Interview mit Christa Kortenbrede über das Thema Schutz vor sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen

Wir haben mit Christa Kortenbrede über Warnsignale und den Ablauf eines Erstgespräches in der Beratungsstelle gesprochen.

Zum Interview

Wo finden wir Hilfe und Beratung?

Hier können Sie anrufen oder sich online Hilfe holen: 

Wenn Gefahr im Verzug ist und Sie schnelle Hilfe benötigen, wenden Sie sich am besten direkt an die Polizei. Polizeiliche Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden über die Seite der Polizei: www.polizei-beratung.de

Beratungsangebote des Kinderschutzbundes im Internet oder am Telefon finden Sie unter: www.kinderschutz-in-nrw.de

Wenn Sie sexuelle Übergriffe befürchten, können Sie kostenfrei und anonym das Hilfe-Telefon „Sexueller Missbrauch“ unter 0800 22 55 530 anrufen. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage: www-hilfe-telefon-missbrauch.online

Die Online-Angebote der Erziehungsberatungsstellen reichen vom Gruppenchat über die Mailberatung bis hin zum Einzelchat: www.eltern.bke-beratung.de

Die Erziehungsberatung der evangelischen Kirche erreichen Sie unter www.ekir.de/beratung

Wichtige Adressen und Hinweise finden Sie auch auf der Seite des Bundesfamilienministeriums:

Informationen der Polizei zu Gewalt an Kindern bekommen Sie unter:

Wie die Jugendämter damit umgehen, wenn Gewalt gegen Kinder vorliegt, können Sie nachlesen unter: 

Ein FAQ zu Gewalt gegenüber Kindern hat die Unicef auf ihrem Internetportal zusammengestellt. 

Im Interview berichtet Christa Kortenbrede über Warnsignale und schildert den Ablauf eines Erstgesprächs in der Beratungsstelle.

Auf dem Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch finden Sie hilfreiche Informationen und Ansprechpartner - anonym und kostenfrei.


Wichtige Fragen und Antworten zum Thema sexuelle Gewalt und Missbrauch finden Sie in der Broschüre „Nicht wegschieben! Was ist sexueller Missbrauch?“.


Auch in leichter Sprache geschrieben: die Broschüre „Nicht wegschieben! Was ist sexueller Missbrauch?“.