Wiedereinstieg ins Berufsleben
„Ein entscheidender Faktor ist die richtige Haltung und Kultur im Unternehmen“
Nach einer längeren Pause wieder ins Berufsleben einzusteigen, ist ein spannender und herausfordernder Prozess. Die Bedingungen sowohl im Privatleben als auch im Beruf haben sich häufig entscheidend verändert. Wie können Unternehmen vom Wiedereinstieg ihrer Beschäftigten profitieren und ihnen den Start erleichtern? Ein Gespräch mit Susanne Möcks-Carone, Chief Transformation Officer sowie Mentorin bei beruflichen Veränderungen und Wiedereinstieg gibt Auskunft.

Frau Möcks-Carone, welche Potenziale bringen Wiedereinsteigerinnen und -einsteiger mit?
Wiedereinstieg ist ja nicht gleich Wiedereinstieg. Manche kommen aus einer Eltern- oder Pflegezeit zurück, andere haben sich eine Zeit lang freigenommen, um zum Beispiel zu reisen. Andere sind krankheitsbedingt für längere Zeit ausgefallen oder kommen aus der Rente zurück. Wiedereinstieg kann heißen, dass die Person in ihren alten Betrieb zurückkehrt oder in einem neuen Unternehmen beginnt. Allen Möglichkeiten ist gemeinsam, dass eine neue berufliche Phase beginnt.
Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteiger suchen gezielt eine erneute Beschäftigung und bringen deswegen in der Regel viel Zielstrebigkeit und Motivation mit. Dies geschieht in besonderem Maße dann, wenn sie eine selbstgewählte Reflexionszeit hinter sich haben oder ohne wirtschaftlichen Druck entscheiden können. Auch wer aus einer Elternzeit oder einer Krankheitsphase wiederkehrt, ist häufig viel besser organisiert als vorher – weil er oder sie es auch sein muss. Es gilt jetzt, berufliche und private Ansprüche gut in Einklang zu bringen. Die Mutter oder der Vater muss dann beispielweise um 17 Uhr pünktlich weg, um das Kind abzuholen. Ich habe erfreulicherweise oft die Erfahrung gemacht, dass diese Mitarbeitenden in der gegebenen Zeit viel effektiver arbeiten.
Wie hat sich die Einstellung gegenüber Wiedereinsteigerinnen und -einsteigern in Unternehmen in den vergangenen Jahren verändert?
Früher hat das Verständnis für individuelle Zeit- und Arbeitsmodelle in den Unternehmen sowie bei den Kolleginnen und Kollegen oft gefehlt. Wenn jemand pünktlich gehen musste oder remote arbeiten wollte, um Betreuungsarbeit zu leisten oder private Aufgaben zu übernehmen, stieß das teilweise auf Unverständnis; besonders in konfliktfreudigen Arbeitsumgebungen. Das traf vor allem Wiedereinsteigerinnen und -einsteiger, weil sie ggf. häufiger diejenigen sind, die neben der Arbeit weitere Rollen und Verpflichtungen haben.
Heutzutage sind Unternehmen wesentlich aufgeschlossener und zu Kompromissen bereit. Da hat auf jeden Fall eine Entwicklung stattgefunden.
Trotzdem fällt das Thema Wiedereinstieg in Unternehmen auch heute noch viel zu oft unter den Tisch, anstatt ein selbstverständlicher Bestandteil der Personalentwicklung oder des Recruitings zu sein. Wer als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber den Wiedereinstieg zu einem wichtigen Bestandteil der Personalentwicklung macht, entsprechend kommuniziert und ausdrücklich Unterstützung durch die Führungsteams einfordert, handelt vorbildlich und motivierend. Best Practice in einem Unternehmen kann zum Vorbild für andere Unternehmen werden und sich positiv auf die Reputation auswirken.
Worauf kommt es aus Ihrer Sicht auf Seiten der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber noch an, damit der Wiedereinstieg gelingt?
Das fängt mit einem offenen, wohlwollenden Gespräch mit der Wiedereinsteigerin oder dem Wiedereinsteiger an, um Erwartungen und Möglichkeiten beider Seiten zu klären. Durch diese Offenheit lassen sich böse Überraschungen im Nachgang vermeiden. Entscheiden sich beide Parteien für die Zusammenarbeit, sollten der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin für eine gute Begleitung und die passenden Rahmenbedingungen sorgen.
Das Interview mit Susanne Möcks-Carone führten wir 2021.
Gute Unternehmensbeispiele aus der Praxis
Wo finden wir Hilfe und Beratung?
Der Deutsche Gewerkschaftsbund bietet Vorträge, Workshops und Beratung für Unternehmen zu verschiedenen Vereinbarkeits-Themenschwerpunkten an: