Die Pubertät geht mit vielen Veränderungen einher - auch im Kopf
Wo ist bloß mein Kind geblieben? Aus der süßen Tochter ist eine launische Zicke geworden, der liebe Sohn feiert mit seinen Freunden exzessive Partys. An den massiven Persönlichkeitsveränderungen in der Pubertät ist ein gewaltiger Umbau im Gehirn schuld. Hier lesen Sie, wie sich die „Baustelle im Kopf“ auf die Gedanken, Gefühlswelt und Sinneswahrnehmung Heranwachsender auswirkt und wie Sie Ihr Kind durch die Pubertät begleiten können.
Bei Babys und im Kindesalter entwickelt sich das Gehirn rasant. Abhängig von den Einflüssen der Umwelt bilden sich Verbindungen zwischen den Hirnhälften und zwischen den Nervenzellen. Und damit ist noch lange nicht Schluss. Ab einem Alter von ungefähr elf Jahren geht es an die Optimierung: Das Nervensystem im Gehirn wird jetzt tiefgreifend umgebaut. Dabei richtet das Gehirn seine Arbeit effizient aus: Es kappt ungenutzte Verbindungen von Nervenzellen und stabilisiert jene Verbindungen, die häufig genutzt werden. Diese Baumaßnahmen verursachen großes Chaos im Kopf – und können dazu führen, dass Sie Ihr eigenes Kind kaum noch wiedererkennen. Auch wenn der Umbauprozess chaotisch erscheinen mag, hat er doch eine wichtige Funktion: Während der Reifung bilden sich die Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Gehirn, die neuronalen Netzwerke. Sie entstehen aufgrund der Erfahrungen, die Ihr Kind macht, und durch das, was es lernt.
Das Frontalhirn, das ordnet und strukturiert, leidet am längsten unter dem Umbau. Es ist während dieser Zeit sozusagen außer Betrieb. Daher kann dieses Hirnareal in der Pubertät das Sozialverhalten nicht hinreichend kontrollieren. Die Folgen: wechselnde Launen der Teenager von „himmelhochjauchzend“ bis „zu Tode betrübt“, mangelnde Kontrolle über die eigenen Impulse und manchmal sogar cholerische Anfälle. Während die Kontrollinstanz aussetzt, verlangt das Belohnungssystem im Gehirn permanent nach dem Glückshormon Dopamin. Das heißt: Heranwachsende haben einen riesigen Bedarf an Belohnung und Anerkennung. Am wichtigsten ist ihnen die Bestätigung durch Gleichaltrige. Auch steigt die Risikofreude – vor allem bei Jungen. Die natürliche „Bremse im Kopf“, die vor gefährlichen Handlungen wie Mutproben oder Drogenkonsum schützt, funktioniert noch nicht.
Vielen Jugendlichen fällt es nicht nur schwer, ihr Verhalten zu kontrollieren und ihre Emotionen zu steuern; sie können auch ihre Arbeit oft nicht mehr so gut organisieren. Es gelingt ihnen teilweise nicht, ihre Handlungen gezielt zu planen: Sie vergessen die Hausaufgaben oder bereiten sich nicht vernünftig auf die nächste Klassenarbeit vor. Daher können während der Umbauarbeiten im Gehirn auch die schulischen Leistungen vorübergehend in den Keller gehen.
Erst um das 20. Lebensjahr herum ist die Reifung des Gehirns abgeschlossen
Zunächst einmal sollten Sie sich bewusst machen, was die Baustelle im Kopf für Ihr Kind bedeutet. Das hilft, Verständnis für das manchmal schwer erträgliche Verhalten aufzubringen. Irgendwann ist das Chaos im Kopf vorbei und Sie werden sehen, dass sich Ihre Geduld gelohnt hat: Am Ende des Prozesses steht ein junger und gereifter Mensch vor Ihnen.
So begleiten Sie Ihr Kind gut durch die Pubertät: